Carl-Heiner Schmid übernahm 1984 von seinem Vater eine Malerfirma mit 200 Angestellten. Heute sind die „Malerwerkstätten Heinrich Schmid GmbH & Co. KG“ mit über 3’850 Mitarbeitern der grösste Malerbetrieb Deutschlands. Zum Auftakt ins neue Jahr hielt Dr. Carl-Heiner Schmid vor der Statistisch-Volkswirtschaftlichen Gesellschaft einen spannenden Vortrag mit dem Titel: „Der Handwerker 2.0 – Versuch eines neuen Führungsansatzes“. Dabei vermochte der authentische Gesellschafter der Malerwerkstätten Heinrich Schmid die Zuhörer mit seinen witzigen und aussagekräftigen Sprüchen immer wieder zum Lachen zu bringen.
Gibt es einen Handwerker 2.0, wie es der Titel des Referates suggeriert, so muss es auch einen Handwerker 1.0 geben. Laut Herrn Schmid handelt dieser sehr produktzentrisch und somit zu wenig auf den gesamten Service bezogen. Nur auf Abruf verrichtet der meist in Kleinbetrieben tätige Handwerker 1.0 zum Beispiel Malerarbeiten.
Laut Herrn Schmid fallen jedoch nur ungefähr 60 Prozent der Arbeitszeit durch das Handwerk selbst an, also zum Beispiel durch das Streichen einer Wand. Dieses Handwerk beherrschen aber viele und selten werden die Arbeiten gut und pünktlich erledigt. Es besteht im Handwerk an sich folglich kaum Potential zu einer Verbesserung der Rentabilität eines Handwerkbetriebs.
Will man sich von den Anderen abheben, so kann man dies, indem man sich mit der Optimierung der anderen 40 Prozent der Arbeitszeit beschäftigt. Diese beinhalten den Service für den Kunden betreffend das Produkt, die Rüstzeit oder die Steuerung des Prozessablaufes. Genau dieser Verbesserung sollte sich der Handwerker 2.0 widmen. Um diesen neuen Ansatz in Realität umzusetzen zu können, braucht es entsprechende Führungsansätze.
Dass Führung überhaupt notwendig ist, begründet Herr Schmid damit, dass man gemeinsam durch einen gegenseitigen Austausch mehr und Grösseres leisten kann. Die Malerwerkstätten Heinrich Schmid leben dies erfolgreich vor. So handle der Handwerker 2.0 als auch die Malerwerkstätten Heinrich Schmid nach folgendem K-M-B-G-Prinzip:
Kunde – Kunde vor Auftrag: Der eigentliche Chef sollte der Kunde sein. Demnach muss vermieden werden, dass nur gegen die Konkurrenz gerannt wird, sondern es sollte dies vielmehr für den Kunden getan werden. Somit kann – laut Herrn Schmid – nicht nur die Arbeit selbst, sondern auch ein gutes Gefühl verkauft werden.
Mitarbeiter – Dienen vor Verdienen: Am besten sind Mitarbeiter, die keinen Druck benötigen, sondern die von selbst aus Dinge anziehen. Dafür braucht es ein geeignetes System und einen geeigneten Prozessablauf. Der Schlüssel dazu ist eine dezentrale Organisationsstruktur. Diese zieht im Gegensatz zu einer zentralen Organisationsstruktur gute Mitarbeiter an und unterstützt diese.
Baustelle – Service vor Produkt: Es sollte auf der Baustelle nicht nur ums Geld gehen, sondern der Mitarbeiter sollte sich auch Zeit nehmen, direkt mit dem Kunde in Kontakt sein.
Geld – Liquidität vor Rentabilität: Ein Projekt sollte nur dann in Angriff genommen werden, wenn dessen Finanzierung sichergestellt ist.
Im Unternehmen ist man nicht beschäftigt, sondern zum Lernen abgestellt. Seine Führungsakademie funktioniert unter dem Motto „Abschluss mit Anschluss“, damit die übernächsten Schritte für den Kunden, den Mitarbeiter, die Baustelle und das Unternehmen vorbereitet sind.
Verfasser: Michael Rieser (RealWWZ, 20.01.2014)