Die Aula des Kollegiengebäudes der Universität Basel ist an diesem Abend bereits früh gefüllt. Denn bevor der heutige Referent, Christoph Franz, Verwaltungsratspräsident der Roche Holding AG, seinen Vortrag beginnt, werden noch die Traktanden der jährlichen Generalversammlung der SVG durchgegangen. Der scheidende Präsident Dr. Edouard H. Viollier heisst den neuen SVG Präsidenten Markus Metz herzlich willkommen und wünscht ihm viel Erfolg für die Amtsperiode 2015–2018.
Anschliessend begrüsst Dr. Edouard H. Viollier den heutigen Referenten und stellt ihn dem gespannten Publikum vor: Christoph Franz amtiert seit einem Jahr als Verwaltungsratspräsident der Roche Holding AG. In seinem eindrücklichen Werdegang war er abgesehen von der Pharmaindustrie auch bei der Lufthansa und der Deutschen Bahn im Verwaltungsgremium tätig. Dankend steigt Christoph Franz hinter das Rednerpult und beginnt seinen Vortrag mit dem Titel „Die Gestaltung des Innovationsstandortes Schweiz“.
Gleich zu Beginn stellt Christoph Franz klar, welche Bedeutung die Innovationskraft nicht nur für ein einzelnes Unternehmen sondern für die gesamte Volkswirtschaft hat. Oft würden Kostensenkung und Effizienz als die wichtigsten Erfolgsfaktoren angepriesen. Doch gerade durch seinen Wechsel von der Transportbranche zur Pharmaindustrie konnte er feststellen, dass speziell in der Pharmaindustrie die Innovationskraft der wichtigste Erfolgsfaktor ist.
Die Trauben der Innovation hängen jedoch sehr hoch, wie der rhetorisch begabte Referent verdeutlicht: Nur sehr wenige Erfindungen können sich am Markt durchsetzen, und oft findet Innovation nur über einen langen Zeithorizont in vielen kleinen Schritten statt und wird erst im Rückblick über mehrere Jahre sichtbar. So galt beispielsweise die Diagnose chronischer Leukämie in den Achtzigerjahren noch als Todesurteil, während heutzutage zahlreiche Therapiemöglichkeiten bestehen, so dass die Krankheit als heilbar gilt.
Christoph Franz stellt in seinem Vortrag die Innovation aus drei Perspektiven dar:
– Als erstes geht er auf die Frage ein, was die Schweiz als erfolgreichen Innovationsstandort ausmacht. Denn einst galt die Schweiz als das Armenhaus Europas, während sie heute in fast sämtlichen Statistiken eine Vorreiterrolle einnimmt. In Bezug auf die Innovation fällt in der Schweiz auf, das es viele alteingesessene Grossunternehmen sind, welche die Innovation vorantreiben, im Gegensatz zu den USA, wo zahlreiche Neu-Unternehmen wie Google, Amazon usw. mit Innovationskraft assoziiert werden.
In der Schweiz herrsche, so Christoph Franz, ein äusserst erfolgreiches Zusammenspiel zwischen Grossunternehmen, KMUs und Hochschulen, welche zusammen als sogenanntes Innovations-Cluster den technologischen Fortschritt vorantreiben. Dieses erfolgreiche Zusammenspiel zwischen der Privatwirtschaft und einem hervorragenden dualen Bildungssystem sei einmalig weltweit.
– Zweitens zeigt Christoph Franz, was die einzelnen Unternehmen aus mikroökonomischer Perspektive zu einem erfolgreichen Innovationsgewinn beitragen können. Der gesunde Wettbewerb zwischen den einzelnen Firmen verlangt nach ständigen neuen Innovationen. Entscheidend für eine Unternehmung sei aber nicht nur, wie viel Geld sie in ihre Forschungsabteilung investiere, sondern auch wie diese organisiert sei. Bei Roche, so Christoph Franz, werde dieser Bereich bewusst dezentral strukturiert: Drei autonome Zentren in der Schweiz, den USA und Japan führen zu einem innerbetrieblichen Wettbewerb, welcher trotz eines gewissen Synergieverlusts als Innovationstreiber der Unternehmung gelte. Als weitere wichtige Punkte bezeichnet Christoph Franz die Offenheit für neue Ideen auch von ausserhalb der Unternehmung und nicht zuletzt auch den Durchhaltewillen, da es sich bei Innovation oftmals um einen sehr langwierigen Prozess handle.
– Als dritten Punkt beschreibt Christoph Franz, welche volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ein stetiges Wachstum der Innovation gegeben sein müssen: Neben den klassischen makroökonomischen Faktoren wie stabile politische Rahmenbedingungen, der Schutz geistigen Eigentums und ein funktionierendes Justizsystem mahnt Christoph Franz, dass auch die internationale Vernetzung einer Volkswirtschaft und die Offenheit gegenüber Fachkräften aus dem Ausland eine wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Innovationsstandort seien. Strukturelle Probleme und Sorgen aus der Bevölkerung müssten in einem gemeinsamen Dialog zwischen den Unternehmen, dem Volk und der Politik angegangen werden.
Interessant ist seine Ansicht zur aktuellen Frankenstärke, welche er natürlich als eine Herausforderung, aber auch als Chance und Antrieb für neue Innovationskraft sieht.
Die Schweiz, so schliesst Christoph Franz seinen Vortrag, sei ein guter Standort für Roche. Trotzdem dürfe man den Wohlstand nicht als eine Naturkonstante betrachten. Innovation und Wohlstand müssten immer wieder neu im laufenden wirtschaftlichen und politischen Prozess erarbeitet werden.
„Die Zukunft kommt von selbst – die Innovation nicht!“
Auch in der anschliessenden Fragerunde geht der Verwaltungsratspräsident kompetent und respektvoll auf die Fragen seines gespannten Publikums ein und rundet so seinen hochinteressanten Vortrag gebührend ab.
Verfasser: Nathanael Berger (RealWWZ, 11.05.2015)