In der überaus gut besuchten Aula der Universität Basel hat sich das Publikum mit Vertretern aus der Politik, Wirtschaft und den Medien zahlreich eingefunden, um Prof. Dr. Ernst Baltensperger von der Universität Bern bei seinen Ausführungen gespannt zu folgen.
Zur Eröffnung des Referats verweist der Präsident der SVG Basel, Dr. Markus Metz, auf die beein-druckende Vita des Referenten. Neben internationaler Forschungs- und Lehrtätigkeit war Herr Bal-tensperger mehrfach Berater der Schweizerischen Nationalbank und gilt in Fachkreisen als Doyen der Geldpolitik. 2005 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universität Basel verliehen. Seine For-schungsinteressen betreffen hauptsächlich die Geldpolitik und die Geldtheorie, die Makroökonomie und die Banken- und Finanzmärkte.
Nach der Einführung durch den Präsidenten tritt Professor Baltensperger an das Rednerpult. Es sei ihm eine besondere Freude, an der ältesten Universität der Schweiz und an einer der ältesten und ehrwürdigsten Universitäten im deutschsprachigen Raum im Rahmen der SVG Basel, ein Referat zur Geldpolitik zu halten. Seine Ausführungen werden durch mahnende Worte eröffnet: „Wir leben in geldpolitisch bewegten Zeiten“. Gegenwärtig besteht die Idee, dass mit möglichst viel und günstigem Zentralbankgeld realwirtschaftlicher Erfolg und Wachstum geschaffen werden kann. Neu ist diese Denkweise nicht. Bereits im frühen 18. Jahrhundert hat der französische Finanzminister John Law, als einer der ersten Propheten des Papiergelds, eine wahre Papiergeldflut ausgelöst und damit eine Finanzblase herbeigeführt. Neu hingegen ist das quantitative Ausmass der monetären Expansion. Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre sind die Zentralbanken weltweit enorm gefordert worden. Instrumente wie die Nullzinspolitik, das Quantitative Easing, Negativzinsen oder die Kursuntergrenze zeigen, dass die Zentralbanken auf diese Herausforderungen mit einem historisch einzigartigen Mitteleinsatz reagiert haben. Damit verbunden ist der explosive Anstieg der Zentralbankbilanzen, der Geldmengen und der Liquiditätsversorgung.
Prof. Baltensperger betont, dass diese Entwicklungen mit grosser Skepsis zu betrachten sind. Die riesige Liquiditätszufuhr war in der eigentlichen Krise sicherlich angebracht und als temporäres Be-ruhigungsmittel wirksam. Heute wird diese Politik, die ja nach wie vor fortgesetzt wird, mehr und mehr selber zur Quelle neuer Übertreibungen und Ungleichgewichte. Neben Blasenbildung und in-stabiler Kursverläufe an den Märkten für Immobilien, Aktien, Rohstoffen und Gold, kann sich dies in Form unerwünschter, instabiler internationaler Kapitalströme und ihrer Auswirkungen auf die Wech-selkurse zeigen. Gerade davon sei auch die Schweiz betroffen.
Durch Karikaturen, wie eine Abbildung von Mario Draghi mit einer feuernden Geldkanone oder des gelddruckenden Ben Bernanke, unterstreicht Ernst Baltensperger bildhaft die globale Relevanz sei-ner Ausführungen zur Ausweitung der Geldmenge.
Langfristig kann die Geldpolitik nicht nach dem Muster der letzten Jahre weitergeführt werden, dies sei auch den Zentralbanken bekannt. Somit ist die Normalisierung der Geldpolitik früher oder später zwingend. Da der Zeitpunkt und die genaue Form einer solchen Normalisierung bis heute unklar sind, bewegen sich die Finanzmärkte und die Volkswirtschaft in einem Umfeld grosser Unsicherheit. Dies ist ein Belastungsfaktor für das Wirtschaftssystem und wirkt sich schädlich auf den Konsum und die Investitionen aus.
Obwohl die geldpolitische Autonomie der Schweiz einen gewissen Spielraum gewährt, ist die Schweiz stark von der Situation ihrer globalen Partner betroffen. Restriktionen, welche durch das Umfeld vorgegeben werden, müssen beachtet werden. Es ist die Aufgabe der Schweizerischen Na-tionalbank, den bestehenden Spielraum optimal auszunutzen. Von einem Staatsfonds für die Schweiz rät Herr Baltensperger jedoch ab, da die Devisenreserven der Schweizerischen National-bank durch geldpolitisch motivierte Operationen entstanden sind und somit auch jederzeit wieder liquidierbar sein müssen.
Zusammenfassend betont Professor Baltensperger, dass es für die Zukunft wichtig ist, wieder klarer zu unterscheiden, was zum Aufgabenbereich einer Zentralbank gehört. Aus diesem Grund schliesst er seine Ausführungen mit folgendem Satz: „Zu Vieles von der Geldpolitik zu erwarten, behindert sie bei der Lösung jener Aufgaben, für die sie wirklich geschaffen worden ist, und genau das sollten wir nicht tun“.
Im Anschluss beantwortet der Referent Fragen aus dem Publikum und verweist dabei, wie bereits im Referat, auf seine aktuelle Forschungstätigkeit in Zusammenarbeit mit Professor Peter Kugler. Dabei sei die Betrachtung der Über- und Unterbewertungen als Abweichung vom realen Aufwertungstrend zentral.
Verfasserin: Milena Jankovic (RealWWZ, 23.11.2015)